15.01.2020

Pflegedienstleiterin nach Aufdeckung von Missständen entlassen

Weil eine Pflegedienstleiterin untragbare Missstände in einem privaten Pflegeheim aufdeckte und bei der Aufsicht des Landes Niederösterreich meldete, wurde sie von ihrem Dienstgeber entlassen. Zu Unrecht, wie das Gericht feststellte.
„Damit wurden alle Ansprüche einer Kündigung und zusätzlich die Nachzahlung offener Gehaltsteile in der Gesamthöhe von 16.296 Euro fällig", so AK Niederösterreich-Präsident Markus Wieser. Dieser Fall zeigt, dass Arbeitnehmer im Gesundheits- und Pflegebereich die bestmöglichen Rahmenbedingungen benötigen, anstatt Sanktionen befürchten zu müssen wenn Probleme aufgezeigt werden.

Hygienische Mängel im ganzen Haus

Schon kurz nach ihrem Dienstantritt ortete die neue Pflegedienstleiterin schwere hygienische Mängel im ganzen Haus, insbesondere im Küchenbereich. Die Heimleitung, die sie mit den Zuständen konfrontierte, begründete dies mit der „Unfähigkeit“ ihrer Vorgängerin. An den Zuständen änderte sich aber auch in den nächsten Wochen und Monaten nichts. Zusätzlich fühlte sich die Pflegedienstleiterin hintergangen, weil ihre Dienstpläne immer wieder hinter ihrem Rücken geändert wurden und nicht mehr den gesetzlichen Vorgaben entsprachen. Selbst Lieferanten weigerten sich vermehrt, dringend benötigte Lieferungen (Hygiene-Produkte z.b.) zu übergeben, weil alte Rechnungen noch offen waren. 

Missstände gemeldet

Irgendwann reichte es der 48-jährigen und sie meldete die Missstände bei der zuständigen Pflegeaufsicht des Landes Niederösterreich. Als diese die Heimleitung mit den Vorwürfen konfrontierte und eine Pflegeeinschau durchführte, die sämtliche Vorwürfe bestätigte, wurde die Pflegedienstleiterin im Jänner 2018 entlassen. Begründung: Die Vertrauenswürdigkeit sei nicht mehr gegeben.

Unter dem Kollektivvertrag bezahlt


Die Entlassene wandte sich an die AK Niederösterreich. Dort stellte sich zunächst bei Überprüfung der Gehaltsabrechnungen heraus, dass die Frau auch noch unter dem Kollektivvertrag bezahlt wurde. Die branchenüblichen Zulagen sowie das Urlaubs- und Weihnachtsgeld wurden ebenfalls viel zu niedrig berechnet.

Gericht verurteilte die Heimleitung zur Zahlung aller fällig gewordenen Kündigungsansprüche


Da die Intervention beim Dienstgeber erfolglos blieb, gewährte die AK Niederösterreich Rechtsschutz und stellte der Frau einen Anwalt zur Verfügung, der gegen die Entlassung klagte. Neben dem Pflegeeinschau-Bericht bestätigten auch die geladenen Zeugen die aufgedeckten Missstände. Nach mehreren Verhandlungstagen erklärte das Gericht die Entlassung daraufhin als nicht gerechtfertigt. Die Arbeitnehmerin sei (mit der Meldung ans Land) ihrer Verpflichtung nachgekommen. Das Gericht verurteilte die Heimleitung zur Zahlung aller damit fällig gewordenen Kündigungsansprüche. „Gemeinsam mit den noch offenen Gehaltsansprüchen wurden mit der Frau insgesamt 16.296 Euro netto überwiesen“, so AK Niederösterreich-Präsident und ÖGB NÖ-Vorsitzender Markus Wieser.

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