Pflegekarenz & Pflegeteilzeit

Ihre Mutter stürzt schwer und Sie müssen dringend für daheim Pflege organisieren und diese in der ersten Zeit auch begleiten? Berufstätige stehen unter großem Stress, wenn Angehörige plötzlich pflegebedürftig wer­den, die bisherige Betreuungsperson ausfällt oder sich der Pflegebedarf aufgrund einer Ver­schlechter­ung des Gesundheitszustandes verändert.

In diesen Situationen haben Arbeitnehmer:innen die Möglichkeit, Pflegekarenz oder Pflegeteilzeit für einen befristeten Zeitraum zu vereinbaren, um Pflege zu organisieren oder selbst die Betreuung zu übernehmen. 

Die Voraussetzungen

  • Die Pflegekarenz oder Pflegeteilzeit muss jeweils schriftlich zwischen Ihnen und Ihrem Arbeitgeber bzw. Ihrer Arbeitgeberin vereinbart werden – das heißt, er oder sie muss zustimmen.
     
    Neu seit 1.11. 2023: Wenn Arbeitgeber:innen die Pflegekarenz bzw. - teilzeit ablehnen oder aufschieben, müssen sie dies sachlich und schriftlich begründen.
     
  • 2020 wurde endlich eine langjährige AK Forderung umgesetzt: Seitdem haben Sie, wenn Sie in einem Betrieb mit mehr als fünf Arbeitnehmer:innen arbeiten, einen Rechtsanspruch auf bis zu vier Wochen Pflegekarenz oder Pflegeteilzeit. Der Arbeitgeber bzw. die Arbeitgeberin kann diese dann auch nicht ablehnen.
  • Wenn Sie die sonstigen Voraussetzungen für die Pflegekarenz oder Pflegeteilzeit erfüllen und in einem Betrieb mit mehr als fünf Arbeitnehmer:innen arbeiten, dann können Sie die Pflegekarenz oder Pflegeteilzeit einseitig antreten; und zwar vorerst für die Dauer von höchstens zwei Wochen.  

    Damit Betriebe die Gelegenheit haben, sich so früh wie möglich auf die Folgen der Pflegekarenz oder Pflegeteilzeit einzustellen, müssen Sie Ihrem Arbeitgeber oder Ihrer Arbeitgeberin den beabsichtigten Zeitpunkt des Antritts der Pflegekarenz oder Pflegeteilzeit so früh wie möglich bekannt geben. 

    Soll die Pflegekarenz oder Pflegeteilzeit länger als zwei Wochen dauern, und liegen weiterhin alle Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Pflegekarenz oder Pflegefreistellung vor, sollten Sie eine Vereinbarung mit Ihrem Arbeitgeber oder Ihrer Arbeitgeberin anstreben.

    Kommt eine entsprechende Vereinbarung mit Ihrem Arbeitgeber oder Ihrer Arbeitgeberin während der bereits laufenden Pflegekarenz oder Pflegeteilzeit nicht zu Stande, können Sie abermals einseitig die Fortsetzung für die Dauer von weiteren zwei Wochen bekannt geben.

    Auf Verlangen müssen Sie Ihrem Arbeitgeber oder Ihrer Arbeitgeberin binnen einer Woche die Pflegebedürftigkeit der zu pflegenden Person bescheinigen und das Angehörigenverhältnis glaubhaft machen.

    Über die vier Wochen hinaus kann wie bisher mit dem Unternehmen auf freiwilliger Basis eine Pflegekarenz oder Pflegeteilzeit für bis zu drei bzw. sechs Monate vereinbart werden.

    Vor Abschluss der Vereinbarung muss das Arbeitsverhältnis bereits ununterbrochen drei Monate gedauert haben.

Ausnahme

Für Arbeitnehmer:innen mit einem befristeten Arbeitsverhältnis in einem Saisonbetrieb gibt es folgende Sonderregelung: Sie können Pflegekarenz oder Pflegeteilzeit vereinbaren, wenn Ihr befristetes Arbeitsverhältnis ununterbrochen zwei Monate gedauert hat und Sie vor dem Antritt einer Pflegekarenz oder Pflegeteilzeit mindestens drei Monate beim selben Arbeitgeber oder derselben Ar­beit­geber­in beschäftigt waren – auch mit Unterbrechung. Zeiten von befristeten Arbeitsverhältnissen beim selben Arbeitgeber oder bei derselben Arbeitgeberin dürfen zusammengerechnet werden, so­fern sie innerhalb von vier Jahren vor Antritt der jeweiligen Pflegekarenz oder Pflegeteilzeit liegen.

Beispiel

Eine Schilehrerin arbeitet seit einigen Saisonen bei der gleichen Schischule. Im heurigen Winter arbeitet sie bereits seit zwei Monaten dort. In der Vorsaison hat sie pausiert, vor zwei Jahren war sie aber einen Monat lang angestellt. Sie erfüllt daher die Voraussetzungen, um in Pflegekarenz gehen zu können.


Für welche Angehörige kann ich Pflegekarenz oder Pflegeteilzeit be­an­spruchen?

Pflegekarenz oder Pflegeteilzeit können Sie vereinbaren, um Pflege oder Betreuung für be­stimmte Angehörige zu organisieren oder um diese selbst zu pflegen, und zwar für

  • nahe Angehörige ab der Pflegestufe 3
  • demenziell erkrankte oder minderjährige nahe Angehörige ab Pflegestufe 1

Achtung

Zum Zeitpunkt des Antritts der Pflegekarenz bzw. Pflegeteilzeit muss das Pflegegeld mit Be­scheid zuerkannt sein. Wenn Sie erklären, Pflegekarenz oder Pflegeteilzeit in Anspruch nehm­en zu wollen, und das Verfahren auf Gewährung oder Erhöhung des Pflegegeldes noch nicht abgeschlossen ist, sind die Entscheidungsträger dazu angehalten, dieses Verfahren grund­sätz­lich binnen zwei Wochen ab Einlangen der Erklärung abzuschließen (= beschleunigtes Ver­fahren).

Als nahe Angehörige gelten:

  • Ehegatte:Ehegattin und dessen oder deren leibliche Kinder
  • Eltern, Großeltern, Urgroßeltern, Adoptiv- und Pflegeeltern
  • Kinder, (Ur)Enkelkinder, Adoptiv- und Pflegekinder
  • Lebensgefährte oder Lebensgefährtin und dessen oder deren leibliche Kinder
  • eingetragener Partner oder eingetragene Partnerin und dessen oder deren leibliche Kinder
  • Geschwister
  • Schwiegereltern und Schwiegerkinder

Wichtig

Ein gemeinsamer Haushalt mit dem oder der nahen Angehörigen ist nicht erforderlich.

Welche finanzielle Unterstützung gibt es?

Während der Pflegekarenz oder Pflegeteilzeit kann Pflegekarenzgeld bezogen werden. Der Bezug ist grundsätzlich auf 3 Monate beschränkt. Nehmen zumindest zwei Personen Pflegekarenz oder Pflegeteilzeit für einen Angehörigen oder eine Angehörige in Anspruch, kann Pflegekarenzgeld für bis zu 6 Monate bezogen werden. Bei einer Erhöhung der Pflegegeldstufe ist ein erneuter Bezug möglich.

Wichtig

Geringfügig Beschäftigte können kein Pflegekarenzgeld beantragen. 

Wer bekommt Pflegekarenzgeld? 

Das Pflegekarenzgeld können folgende Personen erhalten:

  • Arbeitnehmer:innen, die Pflegekarenz oder Pflegeteilzeit vereinbart haben bzw. in Anspruch nehmen
  • Personen, die eine Pflegekarenz oder Pflegeteilzeit nach bundes- und landesgesetzlichen Regelungen vereinbart haben
  • Personen, die sich vom Bezug von Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe abgemeldet haben, um in Pflegekarenz zu gehen

Wie hoch ist das Pflegekarenzgeld? 

Bei Pflegekarenz bekommen Sie Pflegekarenzgeld in der Höhe des Arbeitslosengeldes (grundsätzlich 55% des täglichen Nettoeinkommens) zumindest jedoch in Höhe der monatlichen Geringfügigkeitsgrenze. Bei Pflegeteilzeit erhalten Sie das Pflegekarenzgeld anteilig.

Wie und wo kann ich um Pflegekarenzgeld ansuchen?

Das Pflegekarenzgeld muss beim Sozialministeriumservice beantragt werden! Dieses entscheidet über die Gewährung, Entziehung oder Neubemessung des Pflegekarenzgeldes. An­trags­for­mu­lare und weitere Informationen finden Sie hier.

Den Antrag auf Pflegekarenzgeld müssen Sie innerhalb von zwei Monaten ab Beginn der Pflegekarenz stellen, jedenfalls aber vor dem Ende der Pflegekarenz. Dann bekommen Sie das Pflegekarenzgeld ab dem ersten Tag der Pflegekarenz. Stellen Sie den Antrag später als zwei Monate nach Beginn, aber noch vor dem Ende der Pflegekarenz, bekommen Sie ab dem Tag der Antragstellung Pflegekarenzgeld.

Bin ich während der Pflegekarenz versichert?

Während des Pflegekarenzgeldbezugs werden Kranken- und Pensions­ver­sicherungs­beiträge durch den Bund übernommen. Arbeitnehmer:innen er­werben in dieser Zeit auch Ansprüche im Rahmen der Abfertigung neu.

Wie lange kann ich in Pflegekarenz bzw. Pflegeteilzeit gehen?

Pflegekarenz bzw. Pflegeteilzeit sind Überbrückungsmaßnahmen, die 1 bis maximal 3 Monate lang in Anspruch genommen werden können. Wenn Pflegeteilzeit vereinbart wird, darf die wöch­ent­liche Normalarbeitszeit zehn Stunden nicht unterschreiten.

Wie oft kann ich Pflegekarenz bzw. Pflegeteilzeit in Anspruch nehmen?

Sie können die Vereinbarung grundsätzlich nur einmal pro zu pflegender Person treffen. Wenn sich aber der Pflegebedarf um mindestens eine Pflegegeldstufe erhöht, können Sie noch einmal Pflegekarenz oder Pflegeteilzeit vereinbaren. Für eine zu pflegende oder zu betreuende Person können aber mehrere Arbeitnehmer:innen nacheinander Pflegekarenz oder Pflegeteilzeit vereinbaren – z.B. Ge­schwister für jeweils 3 Monate in unterschiedlichen Zeiträumen für denselben Elternteil.

Bin ich gegen Diskriminierung geschützt?

Seit 1.11.2023 sind Pflegekarenz bzw. - teilzeit vom Schutz des Gleichbehandlungsgesetzes umfasst! Das heißt: Sie dürfen in Zusammenhang mit diesen Rechten nicht diskriminiert werden. Nähere Informationen dazu finden Sie hier.

Kann ich wegen einer Pflegekarenz oder Pflegeteilzeit gekündigt werden?

Sollten Sie wegen einer beabsichtigten oder tatsächlich in Anspruch genommenen Pflege­ka­renz oder Pflegeteilzeit gekündigt werden, können Sie die Kündigung bei Gericht bekämpfen. Hier gibt es zwei Möglichkeiten: Sie können die Kündigung beim Arbeits- und Sozialgericht anfechten oder die Beendigung gegen sich wirken lassen, aber Schadenersatzansprüche geltend machen.

Auch eine diskriminierende Auflösung in der Probezeit oder die Nichtverlängerung eines befristeten Arbeitsverhältnisses kann bekämpft werden.

Die Anfechtung hat die Weiterführung des Arbeitsverhältnisses zum Ziel. Gewinnen Sie das Gerichtsverfahren, läuft das Arbeitsverhältnis weiter. 

Achtung

Die Anfechtungsfristen sind sehr kurz! Wenden Sie sich daher bitte sofort an Ihre Arbeiterkammer oder Ihre Gewerkschaft, wenn Sie die Kündigung bekämpfen möchten. Seit 1.11. 2023 können Sie von dem:der Arbeitgeber:in binnen fünf Kalendertagen ab dem Zugang der Kündigung eine schriftliche Begründung verlangen. Der:die Arbeitgeber:in muss die schriftliche Begründung binnen fünf Kalendertagen ab dem Zugang des Verlangens ausstellen.

Unterstützung durch den Betriebsrat

Falls Sie in einem Betrieb mit Betriebsrat beschäftigt sind, können Sie den Betriebsrat zur Ver­hand­lung über die Pflegekarenz mit dem:der Arbeitgeber:in hinzuziehen.

Downloads

Kontakt

Kontakt

Arbeits- und Sozialrecht 

Mo - Fr: 8 - 16 Uhr

Telefon: +43 5 7171 22000

E-Mail

Das könnte Sie auch interessieren

Belastungen bei Behinderung

Außergewöhnliche finanzielle Belastungen, die durch eine Behinderung entstehen, sind steuerlich absetzbar. Alle Infos zu Bedingungen und Freibeträgen.

Außergewöhnliche Belastungen

Pflegekosten, Kurkosten oder Schäden durch Katastrophen – all das und mehr zählt als außergewöhnliche Belastung, die Sie steuerlich absetzen können.

Förderung für Pflege daheim

Pflegebedürftige ab Stufe 3 mit weniger als 2.500 Euro Nettoeinkommen haben bei einer 24-Stunden-Betreuung zuhause Anspruch auf staatliche Förderung.