erschöpfte Pflegerin sitzt auf Krankenhausboden
erschöpfte Pflegerin sitzt auf Krankenhausboden © WavebreakMediaMicro, Adobe Stock
18.10.2023

Befragung unter Gesundheits- und Pflegepersonal

Die Beschäftigten im Gesundheits- und Pflegebereich in Niederösterreich schätzen die sinnvolle Tätigkeit, sind aber körperlich und psychisch erschöpft. Die laufend anwachsenden beruflichen Belastungen sind eine wesentliche Ursache dafür. Bereits jede/r vierte Beschäftigte denkt an einen Berufswechsel.

Das sind die Ergebnisse einer von der AK Niederösterreich beauftragten Studie des wissma-Marktforschungsinstituts unter 2.900 Beschäftigten des Gesundheits- und Pflegepersonals. Damit verschärft sich die ohnehin bestehende Personalnot im Gesundheitswesen und in der Langzeitpflege.

„Es braucht endlich nachhaltige Lösungen für die Arbeitnehmer:innen im Gesundheits- und Pflegebereich. Das betrifft Arbeitsbedingungen, Personal und natürlich auch das Entgelt“, sagt AK Niederösterreich-Präsident und ÖGB Niederösterreich-Vorsitzender Markus Wieser. „Die groß angekündigte Pflegereform der Bundesregierung ist jedenfalls nicht bei den Beschäftigten angekommen.“ 

Die Ergebnisse 

Die Beschäftigten im niederösterreichischen Gesundheits- und Pflegebereich schätzen die abwechslungsreiche und sinnhafte Arbeit im Team und sind erfüllt von der Dankbarkeit ihrer Patient:innen und Klient:innen. Aber sie sind frustriert über die schlechten Rahmenbedingungen: Sie müssen immer mehr Aufgaben meistern – bei gleichem Personalschlüssel und Gehalt. 

  • Berufsausstieg: 41 Prozent der Befragten glauben, dass sie ihren Beruf wahrscheinlich nicht bis zur Pension ausüben können. Jede:r vierte Beschäftigte im niederösterreichischen Gesundheits- und Pflegebereich denkt zumindest einmal pro Woche daran, den Beruf zu wechseln. 
  • Krankmachende Arbeitsbedingungen: 38 Prozent fühlen sich nach einem Arbeitstag immer oder sehr oft körperlich erschöpft – im Bereich der Langzeitpflege trifft dies sogar auf jede zweite Person zu. Jede:r dritte Befragte klagt über Rückenschmerzen (Langzeitpflege: 40 Prozent) und psychische Erschöpfung und jede:r Fünfte hat Schwierigkeiten einzuschlafen.
  • Körperliche Übergriffe oder Gewalt sind besonders in der Behindertenarbeit ein Problem – jede:r dritte Beschäftigte erlebt dort zumindest einmal im Monat körperliche Übergriffe. Auch Verständigungsprobleme gehören zum Alltag: 39 Prozent haben zumindest einmal in der Woche Probleme in der Verständigung mit Patient:innen, Angehörigen oder Kolleg:innen.
  • Arbeitszeit: Zwei Drittel der Befragten arbeiten in Teilzeit. Sechs von 10 Befragten geben an, normalerweise mehr Stunden als vereinbart zu arbeiten.
  • Zufriedenheit: All dies führt dazu, dass nur ein Drittel der Befragten (äußerst) zufrieden mit der derzeitigen beruflichen Situation im Gesundheits- und Pflegebereich in Niederösterreich ist. 

Die Beschäftigten wünschen sich ein höheres Einkommen – auch als Zeichen der gesellschaftlichen Anerkennung -, eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie, kürzere Arbeitszeiten (bei vollem Gehalts- und Personalausgleich) und berufliche Weiterentwicklungsmöglichkeiten. 

Das Fazit 

Mit den Ergebnissen der Umfrage können fundierte Aussagen über einzelne Berufsgruppen im Gesundheitswesens, der Langzeitpflege und Behindertenbereich getroffen werden, die die Grundlage für längst überfällige Reformen sind.

„Die Umfrage zeigt klar: Bessere Bezahlung und attraktivere Arbeitsbedingungen sind unerlässlich, um den Bedarf an Pflegekräften zu decken“, so Markus Wieser. „Angesichts des Pflegenotstands müssen die Beschäftigten motiviert werden, um im Beruf zu bleiben. Ausbildungsoffensiven allein werden nicht reichen. Es braucht dringend bessere Rahmenbedingungen.“ 

Unsere Forderungen 

Die Umfrage zeigt die zentralen Probleme auf, um daraus dringend notwendige Maßnahmen für bessere Rahmenbedingungen abzuleiten. Die AK Niederösterreich fordert:

  • Nachhaltige Finanzierung der Gehaltserhöhungen statt zeitlich befristetem „Pflegebonus“, der nicht alle Berufsgruppen umfasst.
  • „Entlastungswoche“ ohne Wenn und Aber
  • Leichterer Zugang zur Schwerarbeitspension für Gesundheits- und Sozialbetreuungsberufe: Anerkennung von berufsbedingter Arbeit an kranken, beeinträchtigten und pflegebedürftigen Menschen als Schwerarbeit aufgrund der psychischen Belastung
  • Verbesserung der Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten durch niederschwellige und leistbare Angebote
  • Bessere Arbeitsbedingungen im Gesundheits- und Pflegebereich durch stabile Dienstpläne, verbindliche Mindestkriterien für Personaleinsatzplanung (Stichwort: keine Nachtdienste allein!) und Milderung der Arbeitsverdichtung
  • Erweiterung der fachlichen Selbstständigkeit (des Kompetenz- und Tätigkeitsprofils) akademischer nicht-ärztlicher Berufsgruppen und Sicherstellung der Abrechenbarkeit der Leistungen dieser Berufsgruppen mit Sozialversicherungsträgern
  • Flächendeckende Unterstützungsangebote bei Defiziten z. B. bei der Sprachkompetenz
  • Dringende Umsetzung der „AusbildungsGmbH“ für Gesundheitsberufe, zur Sicherung eines angemessenen Einkommens, des Erwerbs von Versicherungszeiten und des Arbeitnehmer:innenschutzes von Schüler:innen und Studierenden.

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AK-Platz 1
3100 St. Pölten

Telefon: +43 5 7171
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