18.11.2021

Pflege am Limit

Immer höhere Standards und Vorgaben, die penible Dokumentation jedes einzelnen Arbeitsschrittes – und das alles mit immer weniger Personal. Die Lage in der Pflege-Branche wäre auch ohne die Pandemie schon sehr angespannt. 

Viele Beschäftigte sind desillusioniert, weil eine wesentliche Motivation, die persönliche Beschäftigung mit den Menschen, auf der Strecke bleibt.  

Nur sechs bis zehn Jahre 

Große Verantwortung und hohe körperliche wie geistige Belastungen sowie Dienstpläne, die Berufs- und Familienleben nur schwer vereinbaren lassen, sorgen für eine hohe Fluktuation in allen Gesundheitsberufen. Die durchschnittliche Verweildauer im Beruf beträgt sechs bis zehn Jahre**.  

Massenflucht aus dem Beruf?

Die Reduzierung des Personalschlüssels in etwa um die Hälfte ist ein Grund, warum österreichweit fast jede/r Zweite mit dem Gedanken spielt, Job und Branche zu wechseln.

Für viele hat die Situation rund um Corona das Fass zum Überlaufen gebracht. Betriebsrätinnen und Betriebsräte sowohl in Spitälern, als auch in Pflegeheimen und der mobilen Pflege, erwarten eine große Welle an Selbstkündigungen. Viele blieben nur noch aus Solidarität gegenüber den Patientinnen und Patienten sowie den Kolleginnen und Kollegen dabei. 

Studie: 2.470 wurden befragt 

Eine Studie*, die während der dritten Corona-Welle erhoben wurde, liefert ebenfalls alarmierende Zahlen. Befragt wurden 2.470 Gesundheits- und Krankenpfleger:innen aus österreichischen Krankenhäusern, die in der direkten Versorgung von Patientinnen und Patienten tätig sind.  

  • 86 % geben an, dass sich seit Ausbruch der Pandemie die Arbeitssituation im Spital massiv verschlechtert hat.
  • Fast die Hälfte gibt an, dass sich nach einem Jahr Pandemie die Arbeitssituation noch weiter verschlechtert hat.
  • 85 % fühlen sich aufgrund der Pandemie psychisch mittel bis stark belastet.
  • 64 % geben an, schon einmal an einen Berufsausstieg gedacht zu haben.
  • 45 % – also jede/r Zweite – denkt immer wieder an einen Berufsausstieg. In Zahlen bedeutet das 27.000 Personen.
  • 5 % sind derzeit dabei, ihren Berufswechsel zu planen oder umzusetzen.  

 * Studie: Gesundheits- & Krankenpfleger*innen während der Covid-19 Pandemie in Österreich (Arbeitssituation und Gedanken an einen Ausstieg aus dem Pflegeberuf) - Alexandra Gferer, Natali Gferer

Lesen Sie die Studie >>


Noch mehr Zahlen schlagen Alarm

  • 520 Dienstposten   blieben in Niederösterreich im Bereich der Gesundheits- und Krankenpflege unbesetzt (Stand: 30. Juni 2021)
  • Zum gleichen Zeitpunkt waren rund 4 Millionen Stunden an Zeitausgleich und Urlaub nicht abgebaut.
  • Ein Imagewandel ist unumgänglich, um den bis zum Jahr 2030 prognostizierten Bedarf an 76.000 Pflegekräften in Österreich abdecken zu können. *
  • Nur 13 von 1.000 Niederösterreicher*innen arbeiten in Pflegeberufen. In Oberösterreich sind es 18.**


** Pflegepersonal-Bedarfsprognose für Österreich GesundheitÖsterreich GmbH 2019 im Auftrag des Gesundheitsministeriums


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