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8. März gestern, heute und morgen – der Internationale Frauentag im Wandel
Der Internationale Frauentag – eine Initiative der Feministin Clara Zetkin
Die Begründung des Internationalen Frauentags geht auf die Initiative der Sozialistin und Feministin Clara Zetkin zurück: Sie schlug in ihrer Funktion als Sekretärin der Sozialistischen Fraueninternationale 1910 in Kopenhagen einen Aktionstag vor, um Frauenrechte einzufordern. Inspiriert wurde sie vor allem durch den im Jahr zuvor abgehaltenen National Women’s Day in New York. Dieser wurde jährlich bis ins Jahr 1913 am letzten Sonntag im Februar begangen, um das Frauenwahlrecht einzufordern.
Schon ein Jahr nachdem Zetkin die Idee eines Internationalen Frauentags äußerte, konnte dieser im März 1911 in Bulgarien, Dänemark, Deutschland, der Schweiz und vormals Österreich-Ungarn realisiert werden. In der Habsburgermonarchie wurde dieser erstmals an einem Sonntag, den 19. März, initiiert. Der Kopenhagener Beschluss sah noch kein einheitliches Datum vor.
Warum ist der Internationale Frauentag
am 8. März?
Das Datum des 8. März geht auf das Jahr 1921 zurück, wo es in Moskau im Rahmen der II. Internationalen Konferenz kommunistischer Frauen erstmals beschlossen wurde. Es wurde in Erinnerung an einen historisch bedeutsamen Streik am 8. März im Jahr 1917 gewählt: Damals demonstrierten Textilarbeiterinnen gegen die verehrenden Hungersnöte in St. Petersburg, was zum Ausbruch der Februar-Revolution in Russland führte.
Rund um den 8. März drängen sich aber weitere Ursprungsmythen: Oft wird ein Streik von New-Yorker Textilarbeiterinnen am 8. März 1857 als Ursprung des Datums genannt, der durch die gewaltsame Niederstreckung der Streikenden durch die Polizei traurige Bekanntheit erlangte. Andere nennen einen ebenso tragischen Vorfall am 8. März im Jahr 1908, der auch in New York stattfand. Streikende Fabrikarbeiterinnen wurden vom Werksinhaber in die Fabrikhallen gesperrt, um eine weitere Ausbreitung des Streiks zu vereiteln. Aus unerklärbaren Gründen brach ein Feuer aus und die Flammen töteten 129 Arbeiterinnen.
Erst durch einen Generalversammlungsbeschluss der Vereinten Nationen (UN) im Jahr 1977 wird der Internationale Frauentag weltweit jährlich am 8. März begangen.
Der Internationale Frauentag in Österreich
In Österreich gibt es den „Frauentag“ seit dem Jahr 1911. Neben vielen Forderungen zur Verbesserung der allgemeinen Lebensbedingungen, forderten die Frauen das Frauenwahlrecht, Wöchnerinnen- und Kinderschutz sowie politische Gleichstellung, unter anderem durch die Aufhebung des Verbots von Frauen in politischen Vereinen.
Von 1934 – 1945 unter austrofaschistischer, dann nationalsozialistischer Herrschaft wurde der Frauentag lediglich in der Illegalität von Widerstandskämpferinnen begannen. Die Ideologie des Nationalsozialismus sah für Frauen ausschließlich die Rolle als Mutter und Hausfrau vor, daher wurde auch der Muttertag stark in den Vordergrund gestellt. Durch die Vergabe des „Ehrenkreuz der Deutschen Mutter“, sollten viele Frauen ermutigt werden im Sinne der NS-Rassenideologie möglichst viele „arische“ Kinder zu gebären.
Bereits 1946 fanden im März wieder Kundgebungen von Frauen in Österreich statt, die sich in den folgenden Jahren wieder institutionalisierten und die rechtliche Gleichstellung der Frau einforderten.
Der Charakter des Internationalen Frauentages veränderte sich im Laufe der 1970er Jahre stark - bedingt durch den wirtschaftlichen Aufschwung der Nachkriegszeit - und erfuhr zunehmende Kommerzialisierung. Auch die offizielle Anerkennung durch die UN im Jahr 1977 machte den Internationalen Frauentag, der in seinen Anfängen von Sozialistinnen und Kommunistinnen getragen wurde, zu einer breiten Bewegung.
In den 1980er Jahren demonstrieren lesbische Frauen am Frauentag gegen die Diskriminierung aufgrund ihrer Sexualität im Alltag und im Arbeitsleben. Bis dahin wurden ausschließlich Forderungen aus Sicht der Lebensrealitäten von heterosexuellen Frauen formuliert.
Heute wird der 8. März in vielen Ländern rund um den Globus „gefeiert“ und gilt als Tag der internationalen Frauen-Solidarität über die politischen und weltanschaulichen Lager hinweg.
Der 8. März spiegelt aktuelle gesellschaftspolitische Debatten wider und wurde in den vergangenen Jahren auch zunehmend Plattform für Anliegen der LGBTQI+ Community.
Vieles wurde schon erreicht!
Eine Vielzahl an Forderungen, die Frauen am Internationalen Frauentag auf die Straße trugen, wurden bereits umgesetzt:
- 1918: Das politische Vereinsverbot für Frauen (§ 30 des Vereinsgesetzes aus 1867) in der Habsburgermonarchie wird mit der Gründung der Ersten Republik abgeschafft. Frauen erlangen das allgemeine aktive und passive Wahlrecht.
- 1957: Einführung eines (neuen) Mutterschutzgesetzes (MSchG), mit dem der umfassende Schutz der unselbständig beschäftigten Frauen bereits während der Schwangerschaft und nach der Entbindung auf eine österreichische Rechtsgrundlage gestellt wird. Auch ein „Karenzurlaub" – damals jedoch unbezahlt - wird ermöglicht.
- 1960: Ein Karenzurlaubsgeld (für Mütter) wird eingeführt.
- 1974: In dem Jahr erfolgt die Einführung des Mutter-Kind-Passes zu Beginn mit dem Ziel die Sterblichkeit von Müttern und Säuglingen zu reduzieren. Später wird die Früherkennung von Erkrankungen der Mütter und von Fehlentwicklungen im Säuglings- und Kindesalter mitaufgenommen. Mittlerweile ist der kleine gelbe Pass zum „Eltern-Kind-Pass“ geworden, um beide Elternteile gleichermaßen einzubinden.
- 1975: Mit der „Fristenlösung“ werden Schwangerschaftsabbrüche innerhalb der ersten 3 Schwangerschaftsmonate möglich und straffrei gestellt. Dadurch wird ein erster wichtiger Schritt in Richtung der körperlicheren Selbstbestimmung von Frauen gelegt.
- 1975 -1978: Mit der Ehe- und Familienrechtsreform werden Ehepartner:innen einander gleichgestellt und somit wird zumindest formell das Patriachat „abgeschafft“. Das ermöglicht Frauen ohne Erlaubnis ihrer Ehemänner einer Erwerbsarbeit nachzugehen. Die Stellung unehelicher Kinder wird aufgewertet (wenn auch noch nicht gleichgestellt) und es wird ein Gesetz zum Unterhaltsvorschuss erlassen.
- 1978: Das erste Frauenhaus nimmt in Wien seinen Betrieb auf.
- 1979: Das erste Gleichbehandlungsgesetz (GlBG) in Österreich tritt in Kraft und verbietet in seiner ersten Fassung ausschließlich die Lohnungleichheiten zwischen Frauen und Männern.
- 1989: Die Vergewaltigung und geschlechtliche Nötigung in der Ehe und der Lebensgemeinschaft wird im Zuge der Sexualstrafrechtsreform strafbar.
- 1990: Die Väterkarenz wird eingeführt und somit die partnerschaftliche Aufteilung von Sorgearbeit von Beginn an ermöglicht.
- 1993: Das Bundes-Gleichbehandlungsgesetz (B-GlBG) tritt in Kraft. Es verankert das Gleichbehandlungsgebot im Bereich des öffentlichen Dienstes.
- 1997: Das Bundesgesetz zum Schutz vor Gewalt in der Familie („Gewaltschutzgesetz“) tritt in Kraft. Es ermöglicht die Wegweisung, das Betretungsverbot und die einstweilige Verfügung als Schutzmaßnahmen, insbesondere für Frauen und Kinder. Österreich setzt mit diesem Gesetz einen Meilenstein in der Gewaltprävention und wird international zum Vorbild.
- 1999: Der Grundsatz der partnerschaftlichen Aufteilung der Versorgungsarbeit wird ins Eherecht aufgenommen.
- 2002: Anstelle des Karenzgeldes tritt das Kinderbetreuungsgeld (KBG). Auch Personen, die bisher kein Karenzgeld beziehen konnten, können nun Kinderbetreuungsgeld beziehen (z.B. Student:innen, Selbstständige, Hausfrauen). In den folgenden Jahren wird das KBG mehrfach geändert und auch eine einkommensabhängige Variante („einkommensabhängiges Kinderbetreuungsgeld“) eingeführt.
- 2004: Das 25 Jahre alte Gleichbehandlungsgesetz (GlBG) wird entscheidend weiterentwickelt: Es schützt Menschen in der Arbeitswelt neben der Diskriminierung aufgrund des Geschlechts seither auch aufgrund der Merkmale der ethnischen Zugehörigkeit, der Religion oder Weltanschauung, des Alters und der sexuellen Orientierung. Zudem werden Lebensbereiche außerhalb der Arbeitswelt mit dem Verbot der Diskriminierung beim Zugang zu Dienstleistungen und Gütern für die Merkmale Geschlecht und ethische Zugehörigkeit ins GlBG mitaufgenommen.
- 2024: Österreich ratifiziert das ILO-Übereinkommen 190 über die Beseitigung von Gewalt und Belästigung in der Arbeitswelt. Dabei handelt es sich um ein völkerrechtlich bindendes Übereinkommen, das Mitglieder verpflichtet gesetzliche Rahmenbedingungen für ein sicheres Arbeitsumfeld zu schaffen, das frei von Gewalt und Belästigung ist.
Brauchen Frauen den 8. März überhaupt noch?
Zwar wurde die rechtliche Gleichstellung erlangt, die tatsächliche immer noch nicht umgesetzt: Frauen haben immer noch mehr Hürden und Benachteiligungen in ihren Leben, besonders hinsichtlich ihrer Karriere-Gestaltung. Sie verrichten nach wie vor unverhältnismäßig mehr unbezahlte Arbeit, wie Haushalt, Kinder- und Sorgearbeit. Häufig arbeiten sie in Teilzeit, sind „Zuverdienerinnen“ und somit finanziell von ihren Partnern abhängig. Finanzielle Abhängigkeit beschränkt Frauen in ihrer Selbstbestimmtheit: Der Wunsch eine unglückliche oder gar gewalttätige Beziehung zu verlassen, wird dann mit Fragen wie: „Kann ich mir mit meinem Teilzeit-Einkommen eine eigene Wohnung leisten?“ oder „Kann ich alleine für mein Kind sorgen?“ abgewogen. Besonders im Alter sind Frauen aufgrund vorangegangenen Benachteiligungen im Erwerbsleben von Armut bedroht.
Zudem sind viele der frauenpolitischen Errungenschaften nach wie vor umstritten und müssen weiterhin verteidigt werden, etwa das Recht auf körperliche Selbstbestimmung. Auch heute sind Abtreibungen noch im Strafgesetzbuch (StGB) geregelt.
Deshalb setzt sich die AK Niederösterreich ein für:
- Chancengleichheit für Frauen in allen Lebensbereichen
- Lohntransparenz, um „gleichen Lohn für gleich(wertig)e Arbeit“ zu realisieren
- mehr Frauen in Führungspositionen und in politischen Ämtern
- faire, partnerschaftliche Aufteilung von bezahlter und unbezahlter Arbeit
- eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie
- Pensionen, die Frauen ein Leben ohne Altersarmut sichern
- ein gewaltfreies Leben für Frauen und Mädchen
- ein Gesundheitssystem, das die geschlechtsspezifischen Bedürfnisse von Frauen und Mädchen verstärkt berücksichtigt