Studie zur Berufsorientierung
Eltern wollen in die Berufsorientierung ihrer Kinder mehr eingebunden werden. Dafür wünschen sie sich mehr Unterstützung durch die Schule. Das ist das Ergebnis einer von den NÖ Sozialpartnern gemeinsam mit der Pädagogischen Hochschule Niederösterreich initiierten Studie, an der 680 Eltern in Niederösterreich teilnahmen.
Um ihr Kind bei Bildungs- und Berufswahlentscheidungen bestmöglich unterstützen zu können, wünschen sich Eltern vor allem realistische Informationen darüber, wie man einen bestimmten Beruf ergreifen kann und was in verschiedenen Berufen eigentlich verlangt wird. Informationen zu Eignungskriterien und Bewerbungsverfahren sowie Auswahlprozessen an Schulen, Betrieben und Hochschulen stehen dabei konkret auf der Wunschliste. Immerhin fühlen sich rund 60 Prozent der befragten Eltern mit der großen Auswahl an bestehenden Angeboten zu Bildungs-und Berufsorientierung überfordert. Der Wunsch nach Orientierungshilfe durch den Angebotsdschungel ist entsprechend groß. Geht es nach den Eltern, soll dieser Bedarf in erster Linie von der Schule abgedeckt werden.
Das Ergebnis der Befragung dient den Initiatoren als Arbeitsauftrag. Ziel ist es, unter anderem eine Plattform zu etablieren, die einen optimalen Austausch zwischen Eltern, Kindern und Schule gewährt.
Kraker: „Wunsch nach Berufsorientierung an allen Schultypen“
„Eltern nehmen sich selbst - neben ihren Kindern - als zentrale Akteure im Prozess der Bildungs- und Berufswahl wahr und wünschen sich dazu eine Zusammenarbeit zwischen Familie und Schule“, sagt HS-Prof. Mag. Dr. Norbert Kraker, Vizerektor für Lehre an der Pädagogischen Hochschule Niederösterreich. Und weiter: „Eltern betonen zudem das Prozesshafte bei dieser Entscheidungsfindung und fordern fokussierte Angebote als Unterstützung dabei. Berufsorientierung sollte aus Sicht der Eltern an allen Schultypen stattfinden.“
Wieser: „Informationen aus Praxis sind entscheidend für Berufswahl"
„Wir haben die Studie gemeinsam durchgeführt, weil es uns ein wichtiges Anliegen ist, genau hinzusehen, was die Eltern brauchen, um ihre Kinder bestmöglich bei der Berufswahl unterstützen zu können“, sagt AK Niederösterreich-Präsident und ÖGB NÖ-Vorsitzender Markus Wieser. Der Wunsch der Eltern, dass Berufsorientierung in allen Schultypen stattfinden soll, bestätigt die zentrale Forderung der Sozialpartner. „Für uns ist daher klar: Berufsorientierung muss ein eigener Unterrichtsgegenstand in der 7. Und 8. Schulstufe in allen Schultypen werden“, sagt AK Niederösterreich-Präsident und ÖGB NÖ-Vorsitzender Markus Wieser. Das Ergebnis der Befragung bestätige damit auch den Kurs der Sozialpartner, „dass Informationen aus der Praxis ganz entscheidend sind für die Berufswahl. Denn eines zeigt sich immer wieder: Je früher Jugendliche direkt mit der Berufswelt in Kontakt kommen, desto eher entscheiden sie sich für eine duale Berufsausbildung“, so Wieser.
Ecker: „Eltern mit ins Boot holen“
„Die Wirtschaft braucht top ausgebildete Fachkräfte. Doch der Fachkräftemangel ist nicht nur eine der großen Zukunftsherausforderungen für die Betriebe und Unternehmen im Land, sondern für die ganze Gesellschaft. Umso erfreulicher ist es, dass die Sozialpartner bei der Bewältigung dieser Herausforderung zusammenarbeiten“, streicht WKNÖ-Präsident Wolfgang Ecker die Wichtigkeit gemeinsamer Aktivitäten von Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite hervor. „Rund 4.400 NÖ Betriebe bilden derzeit 17.000 junge Menschen in mehr als 200 Lehrberufen aus. Die Lehre ist eine äußerst attraktive Ausbildung, ein Modell, um das Österreich beneidet wird. Doch will man die jungen Menschen erreichen und ihnen aufzeigen, welche tollen Perspektiven eine Lehre bietet, ist es wichtig, die Eltern mit ins Boot zu holen. Die Ergebnisse dieser Studie liefern uns gute Ansätze, um hier künftig ziel- und punktgenauer agieren zu können“, betont Ecker und ergänzt: „Die Eltern wünschen sich ein klareres Angebot. Daher werden wir als WKNÖ – gemeinsam mit den Partnern - künftig noch mehr auf Synergien schauen – nach dem Motto „Weniger ist mehr“, so Ecker.
Forderungen der NÖ Sozialpartner:
- Einführung des Fachs Berufsorientierung als eigenen Gegenstand in der 7. und 8. Schulstufe in allen Schultypen
- Berufs- und Bildungswegorientierung auch in der AHS-Unterstufe flächendeckend durchführen und die Bestimmungen dazu im AHS-Lehrplan an die der Neuen Mittelschule (NMS) angleichen.
- Implementierung eines Pflichtmoduls zur Berufs- und Bildungswahl an allen Schulen in der Sekundarstufe II (Schulstufen 9 bis 13)
- Hochwertige und umfassende Grundausbildung in Berufsorientierung als verpflichtender Teil der LehrerInnen-Ausbildung
Zur Studie
Erstmals wurde in Niederösterreich eine große Studie zur Rolle der Eltern bei der Berufs- und Bildungsorientierung ihrer Kinder durchgeführt. Das jetzt vorliegende Ergebnis der von Arbeiterkammer und Wirtschaftskammer NÖ gemeinsam mit der Pädagogischen Hochschule Niederösterreich initiierten Elternbefragung dient als Standortbestimmung. und damit als Basis für weitere Initiativen und Angebote. Ziel ist es, die Berufsorientierung und speziell die Unterstützung der Eltern dabei, stärker in den Fokus zu rücken. Gleichzeitig wird mit diesem Projekt die seit Jahren erfolgreiche Zusammenarbeit der NÖ Sozialpartner mit der Pädagogischen Hochschule im Bereich der Berufsorientierung fortgesetzt und ausgebaut.
Nicht weniger als 680 Eltern nahmen an der Befragung teil. Eruiert wurde unter anderem, wer aus Sicht der Eltern für die Bildungs- und Berufswahl eines Kindes mitverantwortlich ist, wie Eltern ihre Kinder dabei unterstützen, was Eltern brauchen, um sie bei der Entscheidungsfindung ihrer Kinder besser begleiten zu können. Ebenfalls abgefragt wurde, welche konkreten Angebote und Maßnahmen überhaupt bekannt sind und auch genutzt werden.
Detail-Ergebnisse:
- Etwa 50% der Eltern geben an, ihr Kind auch im konkreten Bewerbungsprozess zu unterstützen
- 76 % der Eltern geben die Weitergabe eigener beruflicher Erfahrungen an ihre Kinder als häufigste Begleitungsmaßnahme an.
- Sich gemeinsam mit dem Kind konkret über andere Berufe und Bildungsmöglichkeiten informieren, machen hingegen nur 46% der Eltern.
- Dass Eltern bei der Bildungs- und Berufswahl ihrer Kinder mit den Lehrerinnen und Lehrern zusammenarbeiten, geben lediglich 16 % der Befragten an. Dabei hegt jedoch jede/r zweite Elternteil von Kindern im Pflichtschulalter den großen Wunsch nach einer intensiveren Zusammenarbeit zwischen Schule und Eltern.