Teilzeitstudie 2020 – Ist Teilzeit wirklich mein Wunsch?

Knapp 50 Prozent der erwerbstätigen, niederösterreichischen Frauen arbeiten in Teilzeit. Nicht immer geschieht dies aus freien Stücken. Eine Studie der Arbeiterkammer Niederösterreich gibt Einblicke in die Teilzeitarbeit in Niederösterreich.

Veronika erklärt: Teilzeit - will sie oder muss sie?

Hintergrund

Die Studie „Teilzeit - ist das wirklich mein Wunsch?“  wurde im Auftrag der Abteilung Frauenpolitik der Arbeiterkammer Niederösterreich von L&R Sozialforschung durchgeführt. In der Erhebung gilt jede Beschäftigung als Teilzeit, bei der maximal 35 Stunden pro Woche gearbeitet wird. Teilgenommen haben insgesamt 1.753 teilzeitbeschäftigte Frauen und Männer aus Niederösterreich. Die Befragung wurde im Dezember 2019 durchgeführt.

Die Teilzeit ist weiblich und wohnt am Land

Laut Statistik Austria arbeitet die Hälfte der knapp 281.000 niederösterreichischen Arbeitnehmerinnen Teilzeit. Bei den Männern ist es nur knapp ein Zehntel. Frauen am Land gehen eher in Teilzeit als Frauen in der Stadt. Bei den Männern ist es umgekehrt.  Die teilzeitbeschäftigten Frauen arbeiten vorwiegend im Gesundheits- und Sozialwesen, im Handel (Teilzeitquote: jeweils rund 60 Prozent), sowie im Dienstleistungssektor (rund 52 Prozent).  Frauen arbeiten außerdem mehr: Die durchschnittliche Wochenarbeitszeit liegt bei teilzeitbeschäftigten Frauen in Niederösterreich bei 21,7 Stunden. Die männlichen Kollegen in Teilzeit arbeiten nur 18,5 Stunden pro Woche, so Statistik Austria.

Wir machen’s für die Kinder

74 Prozent der Studienteilnehmerinnen nennen Kinderbetreuung als Grund für ihre Teilzeitbeschäftigung. Bei den Männern sagen das nur knapp 30 Prozent. Stattdessen reduzieren sie (rund 43 Prozent der Befragten) ihre Arbeitszeit wegen Hobbies. Für die Männer spielt auch die Weiterbildung eine wichtige Rolle: Mehr als ein Fünftel nimmt aufgrund dessen eine Teilzeitbeschäftigung an. Mit nur 4 Prozent ist das bei den Frauen kein großes Thema.

Weitere Gründe für eine Teilzeitbeschäftigung sind:

  • Zeitdruck/Stress in der Arbeit
  • Gesundheitliche Gründe 
  • keine Vollzeitstelle gefunden
Ein gruppiertes Balkendiagramm zu den Gründen für Teilzeit nach Geschlecht.
© , AK Niederösterreich


Die Motive für eine Teilzeitbeschäftigung wirken sich auch auf die Dauer dieses Verhältnisses aus. Die befragten Frauen bleiben wesentlich länger in Teilzeit, als die Männer das tun: Rund 30 Prozent sind bereits zehn Jahre oder länger in Teilzeit, bei den männlichen Kollegen sind es nur ca. 15 Prozent. Nur 13 Prozent der weiblichen Studienteilnehmerinnen planen, innerhalb der nächsten drei Jahre wieder Vollzeit zu arbeiten. Der Grund: Viele sehen für eine Verbesserung der Betreuungssituation schwarz.

Dauer der Teilzeitbeschäftigung
© , AK Niederösterreich

Frauen wollen mehr Unterstützung

Mehr als ein Drittel der befragten Frauen mit Kinderbetreuungspflichten bräuchte ein besseres Angebot an Kinderbetreuungseinrichtungen, um mehr Stunden arbeiten zu können. Aber auch der eigene Partner müsste sich laut ca. 22 Prozent der Frauen mehr bei der Kinderbetreuung beteiligen. 18 Prozent der Frauen sagen, dass der Partner im Haushalt mehr anpacken müsste. 

Manchmal liegt’s aber auch am Job. 23 Prozent aller Studienteilnehmerinnen sehen im eigenen Unternehmen nicht die Möglichkeit, die Stunden zu erhöhen. Das betrifft vor allem den Handel, den Dienstleistungsbereich, und das Gesundheits- und Sozialwesen. Teilzeitbeschäftigte würden vom Betrieb außerdem gerne mehr wahr- und vor allem ernstgenommen werden. 

Voraussetzungen für Frauen, um Arbeitszeit zu erhöhen
© , AK Niederösterreich

Was Teilzeit ausmacht


Über 70 Prozent der Frauen geben an, dass ihr Partner mehr verdient als sie selbst, auch wenn das Gehalt auf Vollzeit umgerechnet wird. 20 Prozent der weiblichen Befragten verdienen unter 1.000 Euro netto im Monat, bei den Männern sind es nur 11 Prozent. Selbst Mehrstunden bringen nicht mehr Geld ins Börsel der Frau: Mehr als ein Viertel der befragten Männer kassiert Zuschläge, bei den Frauen ist es ein mageres Zehntel.

Unter den Befragten klagt fast ein Drittel der Frauen und fast ein Viertel der Männer über eine Verschlechterung ihrer Position oder Tätigkeit durch die Teilzeitbeschäftigung. Das gilt auch, wenn sie zuvor im selben Betrieb Vollzeit gearbeitet haben. Teilzeit wird also zum Karrierekiller


Zur vollständigen Studie

Ein Ausbau der Kinderbetreuung, faire Löhne und bessere Weiterbildungsmöglichkeiten sind besonders wichtig.

Markus Wieser

AK Niederösterreich-Präsident und ÖGB NÖ-Vorsitzender

AK NIEDERÖSTERREICH FORDERUNGEN

  • Eine faire Verteilung der Arbeit und eine gerechte Verteilung der Arbeitszeit
  • Ausbau der institutionellen Kinderbetreuungseinrichtungen
  • Teilzeitarbeit muss dringend aufgewertet werden.
    • Tatsächliche Teilhabe von Teilzeitbeschäftigten an Weiterbildungsmaßnahmen
    • Möglichmachung, Akzeptanz, Anerkennung und Förderung von Führungspositionen in Teilzeit
  • Umfangreiche Information der Teilzeitbeschäftigten über die Auswirkungen von Teilzeit auf Pension, Arbeitslosigkeit und Krankheit
  • Umfangreiche Information über die Gleichbehandlung zwischen den Geschlechtern, aber auch zwischen Voll- und Teilzeitbeschäftigten
  • Bewusstseinsbildung und Anreizsetzung, um ein Gleichgewicht zwischen Erwerbs- und unentgeltlicher Betreuungsarbeitszeit zwischen Männern und Frauen zu schaffen.

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